Interview mit den Blues Brothers
von Leonie BUchheit & Jana Heß
Am 29.03.2018 haben wir Thorsten Köhler (Jake Blues) & Gregor Trakis (Elwood Blues), zwei Schauspieler des Saarländischen Staatstheaters und Hauptdarsteller des Musicals “Blues Brothers“, zum Interview getroffen.
GersTime: Was gehört zur Vorbereitung für eine Rolle?
Thorsten Köhler: Als erstes liest man das Stück. Natürlich schaut man sich den Film an und hört sich die Lieder an. Das ist bei Blues Brothers einfacher, da es eher Popkultur ist und kein deutscher Klassiker.
Gregor Trakis: Dann muss man natürlich proben. Wir haben sieben Wochen lang geprobt. Gesangsunterricht hatten wir auch und wir bekamen die Choreografien beigebracht. Man lernt Text. Für die Rolle war ich auch im Fitnessstudio. Vom Film schaut man sich auch was ab.
Thorsten Köhler: Ich kannte den Film schon, aber ich habe mich entschieden, den Film nicht noch einmal zu sehen und wollte mir was Eigenes suchen und ausdenken.
GersTime: Auf was haben sie sich besonders gefreut, als sie erfahren haben, dass sie bei Blues Brothers mitspielen?
Gregor Trakis: Ich habe mich sehr darauf gefreut, mit Thorsten Köhler zusammen zu spielen.
Thorsten Köhler: Schmeichler! (lacht)
Es war meine erste Premiere hier mit einem neuen Ensemble. Wir haben im Sommer angefangen. Die kennt man jetzt alle und sie sind sehr sympathisch, wenn man dann mit ihnen aktiv wird. Das fand ich am spannendsten. Und wo man dachte: “Wow! Jetzt geht's los!”
Gregor Trakis: Ich habe den Film als Jugendlicher gesehen und wollte das unbedingt mal spielen. Ich war mal beim Theater in Ingolstadt engagiert und dann kam es, als ich wegging. Sie wollten mich dafür wieder holen, was leider nicht geklappt hat und in Augsburg spielten sie es auch, haben aber nicht über mich nachgedacht und da war ich etwas enttäuscht. Hier darf ich's jetzt endlich spielen.
GersTime: Was finden Sie an diesen Rollen so besonders?
Thorsten Köhler: Was ich an diesen Figuren schön finde ist oder was immer Spaß macht, ist so einen “Anti-Helden” zu spielen. Sie sind jetzt nicht so heldenhaft. Eigentlich sind das zwei mehr oder weniger “lebensunfähige” Menschen, die auf ihre Musik fixiert sind und sich über alles andere keinen Kopf machen. Sie halten sich zum Beispiel nicht mit einer Steuererklärung oder solchen Fragen wie “Wie wohnt man?” auf. Die beiden sind weit entfernt von einem normalen Leben und bringen etwas Weltfremdheit mit. In den Blues Brothers herrscht auch ein bisschen Autismus und sie haben kein Gewissen und bereuen auch nichts. Ich finde es schön, dass das so richtige Rock'n'roller sind.
Gregor Trakis: Hauptsächlich finde ich die Musik toll. Ich war sowieso derjenige der der Meinung war, dass man sie wie im Film machen sollte.
Thorsten Köhler: Ich finde es toll, dass die beiden so völlig anders ticken. Hier und da fast ein bisschen geistig zurückgeblieben. Sie sind so auf ihre Musik, ihre Anzüge und ihre Band fixiert und bekommen außerhalb fast gar nichts mit. Im Film legen die Blues Brothers ja halb Chicago in Schutt und Asche. Natürlich retten sie das Waisenhaus.Es hat auch einen schönen Humor.
GersTime: Gibt es Dinge, die Sie und ihre Rolle gemeinsam haben bzw. verbindet?
Thorsten Köhler: Eigentlich nicht. Die Musik fetzt schon, ist aber nicht so mein Ding. Das sind jetzt nicht die Lieder, die ich zu Hause höre.
Gregor Trakis: Neulich kam ich von einer anderen Probe und hab’ einen Kollegen mitgenommen, der, als er die CD im Auto hört,e meinte: “Was? Du hörst das immer noch?!” Ich kann das immer hören!
Thorsten Köhler: Man muss nicht jede Figur mögen. Abgesehen davon, dass wir in den Anzügen stecken, macht das schon viel aus, von Figur zu Schauspieler. Manchmal ist es auch ganz schön, wenn man das Kostüm ausziehen kann und man feststellt, das man nichts mit der Figur gemeinsam hat.
Gregor Trakis: Genau. Also ich bin weder cool, noch bin ich Musiker - was ich aber gerne wäre.
Thorsten Köhler: So ein Mustersängerknabe (lacht).
GersTime: Beschreiben sie ihre Rolle in drei Wörtern.
Thorsten Köhler: Laut…..penetrant (d.h. aufdringlich) und unhöflich würde ich mal sagen (überlegt). Das ist Jake.
Gregor Trakis: Cool….Entertainer…...Tänzer
GersTime: Gibt es Rollen in dem Stück, die Sie auch gerne gespielt hätten?
Gregor Trakis: Nein. Eigentlich nicht.
Thorsten Köhler: Wenn die Nazis nicht gestrichen worden wären, hätte ich sehr viel Spaß an diesen Rollen gehabt. Da gibt es ja diese Arierschaft. Die tauchen bei uns gar nicht auf. Es hätte mir Freude gemacht, diesen Anführer zu spielen - so bin ich aber auch zufrieden damit. Wir sind auch nicht mehr die Jüngsten und müssen da zweieinhalb Stunden durch. Ich hüpfe dann eine halbe Stunde auf der Bühne herum und dann geht mir die Puste aus. Die Anderen können sich mal einen Kaffee holen gehen und wir müssen durch den Abend rocken. Dann gibt es Abende wo ich denke, dass so eine kleine Nebenrolle ganz schön wär. Aber wenn schon, denn schon. Augen zu und durch.
Gregor Trakis: Nebenrollen hat man ja auch genug. Aber ist schon richtig so.
GersTime: Haben Sie eine Lieblingsszene?
Gregor Trakis : Meine Lieblingsszenen sind tatsächlich die Zugaben (lacht). Bevor es den Film gab, sind die Filmschauspieler so als Musiker aufgetreten. Ich würde am liebsten die ganzen Szenen weglassen und nur ein Konzert geben.
Thorsten Köhler: Die Musiknummern machen schon Spaß.
GersTime: Wie lange schauspielern Sie schon?
Gregor Trakis: Ich spiele schon seit 1987. Aber richtig professionell seit 1989.
Thorsten Köhler: Ich bin seit 2000 Schauspieler. Wenn ich aber noch die Jugendclub Erfahrungen mit dazurechne sind es über 20 Jahre.
GersTime: Was machen Sie noch außer schauspielern?
Gregor Trakis: Ich mache nichts anderes.
Thorsten Köhler: Ich bin nur zu fünfzig Prozent Schauspieler hier und die andere Hälfte ist die künstlerische Leitung der sparte4 - das ist die kleine Studiobühne auf der anderen Saarseite. Das heißt, man hat viel zu tun. Dann ist man auch mal froh, wenn man nicht besetzt ist, weil die sparte4 viel Arbeit ist, die aber auch Spaß macht.
Gregor Trakis: Wir sind hier auch fest angestellt. Es gibt eigentlich keine großartigen Möglichkeiten, was anderes zu tun.
Thorsten Köhler: Wenn man sowas wie die Blues Brothers probt, hat man auch einen normalen acht Stunden Tag. Natürlich habe ich auch Hobbys. Ich lese gern oder schaue fern.
Gregor Trakis: Ich sammle Schallplatten und habe eine aufgegebene Briefmarkensammlung.
GersTime: Wie schaffen Sie es, sich ihre Texte zu merken?
Thorsten Köhler: Was das angeht, merke ich, dass ich da auf dem absteigenden Ast bin. Als ich jünger war, musste ich nie lernen. Wir beschäftigen uns sechs bis sieben Wochen mit dem Stück, da muss man nicht wirklich viel lernen.
Gregor Trakis: Es kommt auch darauf an, was für eine Rolle man hat und wie schwer der Text ist. Dann ist das auch eine Frage, wie fleißig man ist.
Thorsten Köhler: Das Stück hier ist einfacher, weil es in einem “Slang” geschrieben ist. Es ist jetzt nicht Hochdeutsch oder wie bei Iphigenie in Aulis, das sind antike Texte wo man schon lernen muss.
Gregor Trakis: Blues Brothers haben wir mehr oder weniger in den Proben gelernt.
GersTime: Gibt es ein besonderes Erlebnis in ihrer Karriere, das Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Thorsten Köhler: Da gibt es viel zu erzählen. Manchmal geht was schief und man hat mit Kollegen zu tun, die etwas “speziell” sind oder jemand fällt auf der Bühne hin, da muss ich dann lachen, was blöd ist, wenn man singen muss. Wir sammeln auch mal für ein Altersheim.
Gregor Trakis: Einmal habe ich eine Szene verpasst, weil ich einen Umzug hatte. Während des Spielens habe ich gemerkt, das ich ziemlich verschwitzt war. Als der Vorhang runter ging, bin ich ganz schnell in die Garderobe gelaufen. Der Ankleider war schon da und half mir mit dem Umziehen. Plötzlich hörte ich im Lautsprecher, dass da noch eine Szene war und ich zu früh abgegangen bin. Den Ankleider hab ich dann weggestoßen und alles genommen was er noch in der Hand hatte und bin dann wieder zur Bühne gelaufen und hab’ noch versucht was anzuziehen. Dann stand ich halbnackt auf der Bühne und kam zwei Sätze zu spät. Meine Kollegin damals hatte das gar nicht gemerkt und sich gewundert, als ich plötzlich da stand und fast nichts anhatte.
Thorsten Köhler: Ich war auch einmal vier Minuten nicht da, was auf einer Bühne ewig ist. Der Inspizient ( jemand, der für einen reibungslosen Ablauf von Aufführungen verantwortlich ist) hatte versehentlich den falschen Kollegen einberufen. Wir haben Scherze getrieben bis mir einfiel, dass der Kollege erst nach mir auftrat. Ich bin zur Bühne gelaufen um zu gucken, was da passiert ist, bis ich erfahren hab’, dass ich gemeint war. Ich bin dann einfach in den Raum reingelaufen.
Gregor Trakis: Ich musste mal für eine Operette einspringen. Ich hatte vormittags eine kurze Probe. Ich musste mich da hinsetzen und zwei Sätze sagen und dann kam eine Statistin mit Schokolade und ich sollte mir was davon nehmen. Am Abend kam dann die Inspizientin und hatte eine Schale mit Schokolade. Die war aber nicht echt, sondern sie war aus Hartgummi. Ich hatte sie dann im Mund und fing an zu reden. Das war auch lustig.
Thorsten Köhler: Ich musste mal für eine Produktion Feuerspucken lernen und konnte das aber nicht so richtig. Zum Glück war das ein Freilufttheater und da ist das Bühnenbild abgebrannt. Die Technik hat versucht von hinten zu löschen und wir haben einfach weitergespielt. Es kam niemand der das unterbrochen hat und hinter mir brannte alles.
GersTime: Gibt es Momente, in denen Sie denken "Was mache ich hier eigentlich?"
Thorsten Köhler: Immer. Ich denke das ständig, wenn ich auf der Bühne stehe. Man erwischt sich auch dabei, wie man denkt, dass man das bei den Proben besser hinbekommen hat. Man beobachtet sich ständig.
Gregor Trakis: Es gibt auch Inszenierungen, wo man nicht mit glücklich ist und dann fragt man sich schon: “Was mache ich hier?”. Aber ich frage mich grundsätzlich immer danach wie es war oder ob es gut war oder man bespricht mit den Kollegen den Abend.
GersTime: Was muss ein Theaterstück haben, damit Sie mitspielen wollen?
Gregor Trakis: Es muss tolle Rollen und ein gutes Thema haben.
Thorsten Köhler: Ich habe in meinen ganzen zwanzig Jahren noch nicht in einer guten Komödie mitgespielt. Mit einer guten Komödie meine ich jetzt nicht, schlecht geschrieben, sondern da kommt ein Regisseur,der das irgendwie inszeniert und dann hofft man, dass man alles richtig macht und das Publikum schreit: “Wir können nicht mehr! Es ist so lustig was ihr da macht!” Ich glaube, das ist so ein Wunsch, dass man einmal in so einem Ding mitspielt, wo jeder Satz ein Treffer ist und hier alles gerade zündet. So einen richtigen Knaller hatte ich bisher noch nicht. Da hätte ich mal Lust mitzuspielen. Die Proben sind dann wahrscheinlich die Hölle. Ich hatte schon ganz viele Stücke, wo ich drin war und wo ich dann denke, das ich das nochmal machen will, aber richtig. Ich renne jetzt nicht rum und hebe meine Hand und sage: Nächste Spielzeit, Richard den III oder so ähnlich. So jemand bin ich jetzt nicht, das ist mir immer ziemlich egal. Aber ich glaube, es gibt ein paar Inszenierungen oder Stücke wo ich gerne nochmal einen Anlauf hätte oder ich inszeniere sie selber.
GersTime: Wenn Sie ein Theaterstück schreiben würden, was wäre die Handlung?
Thorsten Köhler: Ich habe schon Theaterstücke geschrieben.
Gregor Trakis: Ich würde niemals ein Theaterstück schreiben, weil ich das nicht kann.
Thorsten Köhler: Ich habe schon mehrere Stücke geschrieben. In meiner Karriere habe ich eine Zeit lang, eine Theaterserie geschrieben. Die eine hatte fünf Episoden, die andere drei, wovon nur zwei zur Aufführung kamen. Die dritte Episode liegt immer noch unveröffentlicht in meiner Schublade. Wenn ich anfange zu schreiben, ist das Ergebnis immer offen, ich könnte jetzt nicht sagen, ich schreibe was über Fracking oder den Klimawandel. Mir liegt es, wenn es ein bisschen trashiger ist und lustig bleibt oder böse. Das ist so meine Welt.
Die beiden bekamen noch eine kleine Aufgabe: Sie sollten Fragen in 3 Sekunden beantworten.
Gregor Trakis: Wenn ich in dreißig Sekunden nichts gesagt habe…
Thorsten Köhler: ...hab ich gewonnen!
GersTime: Beschreiben Sie ihren Kollegen in drei Wörtern.
Gregor Trakis: Charmant...lustig… (überlegt)
Thorsten Köhler: Lustig...seltsam… (überlegt)
Dann war leider die Zeit abgelaufen
GersTime: Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Gregor Trakis: Meine Frau… mein Handy und ein Buch.
Thorsten Köhler: Ich würde auch Bücher...meinen Hund und Sonnencreme mitnehmen.
GersTime: Was machen Sie an Ostern?
Gregor Trakis: Schlafen…Fernseh gucken… ausruhen
Thorsten Köhler: Schlafen… und ich muss dringend meine Wohnung aufräumen, weil meine Eltern zu Besuch kommen.
Gregor Trakis: Ich muss noch spielen am Ostermontag.
GersTime: Frage an Thorsten Köhler: Was macht mehr Spaß: Regie führen oder schauspielern?
Thorsten Köhler: Derzeit lieber Regie. Wirklich. Also ich hab’ Spaß am Schauspiel, aber wenn man in den Vorbereitungen ist und man selber entscheiden kann, finde ich, dass es mehr Spaß macht. Man hat mehr Freiheiten. Als Schauspieler hat man einen Regisseur, der sagt wie man etwas machen muss.
GersTime: Frage an Gregor Trakis: Wenn sie sich eine große Produktion aussuchen könnten, wo würden Sie gerne mitspielen?
Gregor Trakis: Ich habe mir schon lange “abgeschminkt“ zu sagen: Ich möchte die und die Rolle spielen. Die kriegt man sowieso nie. Also bei mir ist noch nie passiert. Ich wollte früher immer einen jugendlichen Liebhaber spielen. Das kann ich jetzt sowieso nicht mehr, aber auch früher habe ich die nie bekommen. Ich bekomme immer die Rollen, mit denen ich nicht gerechnet habe, zum Beispiel Robespierre, Onkel Wanja oder Nathan der Weise. Eigentlich möchte ich gerne Mephisto spielen. Ich habe schon einmal mitgespielt, war aber nie Mephisto.
Thorsten Köhler: Ich bin ja immer froh, wenn ich die kleinen Rollen kriege. Habe ich früher gar nicht gedacht. Ich musste mal in “Der Kirschgarten“ einen Nachbarn spielen. Der kam immer rüber und hat immer gesagt,die Tochter hätte Lotto gespielt und gewinnt jetzt bestimmt. Er kam aber auch um Geld bei seinen Nachbarn zu leihen. Dafür musste ich mal “Gloomy Monday“ singen und es auf der Gitarre spielen. Das hat total viel Spaß gemacht. Manchmal finde ich es schön, nur einen Auftritt zu haben und dann derjenige zu sein, der in der Kritik als erster erwähnt wird. Ich habe mich früh damit abgefunden, dass ich eine klassische “Charge“ bin. Je älter ich werde, desto größer die Rollen.
Vielen Dank für das Interview!!
GersTime: Was gehört zur Vorbereitung für eine Rolle?
Thorsten Köhler: Als erstes liest man das Stück. Natürlich schaut man sich den Film an und hört sich die Lieder an. Das ist bei Blues Brothers einfacher, da es eher Popkultur ist und kein deutscher Klassiker.
Gregor Trakis: Dann muss man natürlich proben. Wir haben sieben Wochen lang geprobt. Gesangsunterricht hatten wir auch und wir bekamen die Choreografien beigebracht. Man lernt Text. Für die Rolle war ich auch im Fitnessstudio. Vom Film schaut man sich auch was ab.
Thorsten Köhler: Ich kannte den Film schon, aber ich habe mich entschieden, den Film nicht noch einmal zu sehen und wollte mir was Eigenes suchen und ausdenken.
GersTime: Auf was haben sie sich besonders gefreut, als sie erfahren haben, dass sie bei Blues Brothers mitspielen?
Gregor Trakis: Ich habe mich sehr darauf gefreut, mit Thorsten Köhler zusammen zu spielen.
Thorsten Köhler: Schmeichler! (lacht)
Es war meine erste Premiere hier mit einem neuen Ensemble. Wir haben im Sommer angefangen. Die kennt man jetzt alle und sie sind sehr sympathisch, wenn man dann mit ihnen aktiv wird. Das fand ich am spannendsten. Und wo man dachte: “Wow! Jetzt geht's los!”
Gregor Trakis: Ich habe den Film als Jugendlicher gesehen und wollte das unbedingt mal spielen. Ich war mal beim Theater in Ingolstadt engagiert und dann kam es, als ich wegging. Sie wollten mich dafür wieder holen, was leider nicht geklappt hat und in Augsburg spielten sie es auch, haben aber nicht über mich nachgedacht und da war ich etwas enttäuscht. Hier darf ich's jetzt endlich spielen.
GersTime: Was finden Sie an diesen Rollen so besonders?
Thorsten Köhler: Was ich an diesen Figuren schön finde ist oder was immer Spaß macht, ist so einen “Anti-Helden” zu spielen. Sie sind jetzt nicht so heldenhaft. Eigentlich sind das zwei mehr oder weniger “lebensunfähige” Menschen, die auf ihre Musik fixiert sind und sich über alles andere keinen Kopf machen. Sie halten sich zum Beispiel nicht mit einer Steuererklärung oder solchen Fragen wie “Wie wohnt man?” auf. Die beiden sind weit entfernt von einem normalen Leben und bringen etwas Weltfremdheit mit. In den Blues Brothers herrscht auch ein bisschen Autismus und sie haben kein Gewissen und bereuen auch nichts. Ich finde es schön, dass das so richtige Rock'n'roller sind.
Gregor Trakis: Hauptsächlich finde ich die Musik toll. Ich war sowieso derjenige der der Meinung war, dass man sie wie im Film machen sollte.
Thorsten Köhler: Ich finde es toll, dass die beiden so völlig anders ticken. Hier und da fast ein bisschen geistig zurückgeblieben. Sie sind so auf ihre Musik, ihre Anzüge und ihre Band fixiert und bekommen außerhalb fast gar nichts mit. Im Film legen die Blues Brothers ja halb Chicago in Schutt und Asche. Natürlich retten sie das Waisenhaus.Es hat auch einen schönen Humor.
GersTime: Gibt es Dinge, die Sie und ihre Rolle gemeinsam haben bzw. verbindet?
Thorsten Köhler: Eigentlich nicht. Die Musik fetzt schon, ist aber nicht so mein Ding. Das sind jetzt nicht die Lieder, die ich zu Hause höre.
Gregor Trakis: Neulich kam ich von einer anderen Probe und hab’ einen Kollegen mitgenommen, der, als er die CD im Auto hört,e meinte: “Was? Du hörst das immer noch?!” Ich kann das immer hören!
Thorsten Köhler: Man muss nicht jede Figur mögen. Abgesehen davon, dass wir in den Anzügen stecken, macht das schon viel aus, von Figur zu Schauspieler. Manchmal ist es auch ganz schön, wenn man das Kostüm ausziehen kann und man feststellt, das man nichts mit der Figur gemeinsam hat.
Gregor Trakis: Genau. Also ich bin weder cool, noch bin ich Musiker - was ich aber gerne wäre.
Thorsten Köhler: So ein Mustersängerknabe (lacht).
GersTime: Beschreiben sie ihre Rolle in drei Wörtern.
Thorsten Köhler: Laut…..penetrant (d.h. aufdringlich) und unhöflich würde ich mal sagen (überlegt). Das ist Jake.
Gregor Trakis: Cool….Entertainer…...Tänzer
GersTime: Gibt es Rollen in dem Stück, die Sie auch gerne gespielt hätten?
Gregor Trakis: Nein. Eigentlich nicht.
Thorsten Köhler: Wenn die Nazis nicht gestrichen worden wären, hätte ich sehr viel Spaß an diesen Rollen gehabt. Da gibt es ja diese Arierschaft. Die tauchen bei uns gar nicht auf. Es hätte mir Freude gemacht, diesen Anführer zu spielen - so bin ich aber auch zufrieden damit. Wir sind auch nicht mehr die Jüngsten und müssen da zweieinhalb Stunden durch. Ich hüpfe dann eine halbe Stunde auf der Bühne herum und dann geht mir die Puste aus. Die Anderen können sich mal einen Kaffee holen gehen und wir müssen durch den Abend rocken. Dann gibt es Abende wo ich denke, dass so eine kleine Nebenrolle ganz schön wär. Aber wenn schon, denn schon. Augen zu und durch.
Gregor Trakis: Nebenrollen hat man ja auch genug. Aber ist schon richtig so.
GersTime: Haben Sie eine Lieblingsszene?
Gregor Trakis : Meine Lieblingsszenen sind tatsächlich die Zugaben (lacht). Bevor es den Film gab, sind die Filmschauspieler so als Musiker aufgetreten. Ich würde am liebsten die ganzen Szenen weglassen und nur ein Konzert geben.
Thorsten Köhler: Die Musiknummern machen schon Spaß.
GersTime: Wie lange schauspielern Sie schon?
Gregor Trakis: Ich spiele schon seit 1987. Aber richtig professionell seit 1989.
Thorsten Köhler: Ich bin seit 2000 Schauspieler. Wenn ich aber noch die Jugendclub Erfahrungen mit dazurechne sind es über 20 Jahre.
GersTime: Was machen Sie noch außer schauspielern?
Gregor Trakis: Ich mache nichts anderes.
Thorsten Köhler: Ich bin nur zu fünfzig Prozent Schauspieler hier und die andere Hälfte ist die künstlerische Leitung der sparte4 - das ist die kleine Studiobühne auf der anderen Saarseite. Das heißt, man hat viel zu tun. Dann ist man auch mal froh, wenn man nicht besetzt ist, weil die sparte4 viel Arbeit ist, die aber auch Spaß macht.
Gregor Trakis: Wir sind hier auch fest angestellt. Es gibt eigentlich keine großartigen Möglichkeiten, was anderes zu tun.
Thorsten Köhler: Wenn man sowas wie die Blues Brothers probt, hat man auch einen normalen acht Stunden Tag. Natürlich habe ich auch Hobbys. Ich lese gern oder schaue fern.
Gregor Trakis: Ich sammle Schallplatten und habe eine aufgegebene Briefmarkensammlung.
GersTime: Wie schaffen Sie es, sich ihre Texte zu merken?
Thorsten Köhler: Was das angeht, merke ich, dass ich da auf dem absteigenden Ast bin. Als ich jünger war, musste ich nie lernen. Wir beschäftigen uns sechs bis sieben Wochen mit dem Stück, da muss man nicht wirklich viel lernen.
Gregor Trakis: Es kommt auch darauf an, was für eine Rolle man hat und wie schwer der Text ist. Dann ist das auch eine Frage, wie fleißig man ist.
Thorsten Köhler: Das Stück hier ist einfacher, weil es in einem “Slang” geschrieben ist. Es ist jetzt nicht Hochdeutsch oder wie bei Iphigenie in Aulis, das sind antike Texte wo man schon lernen muss.
Gregor Trakis: Blues Brothers haben wir mehr oder weniger in den Proben gelernt.
GersTime: Gibt es ein besonderes Erlebnis in ihrer Karriere, das Ihnen in Erinnerung geblieben ist?
Thorsten Köhler: Da gibt es viel zu erzählen. Manchmal geht was schief und man hat mit Kollegen zu tun, die etwas “speziell” sind oder jemand fällt auf der Bühne hin, da muss ich dann lachen, was blöd ist, wenn man singen muss. Wir sammeln auch mal für ein Altersheim.
Gregor Trakis: Einmal habe ich eine Szene verpasst, weil ich einen Umzug hatte. Während des Spielens habe ich gemerkt, das ich ziemlich verschwitzt war. Als der Vorhang runter ging, bin ich ganz schnell in die Garderobe gelaufen. Der Ankleider war schon da und half mir mit dem Umziehen. Plötzlich hörte ich im Lautsprecher, dass da noch eine Szene war und ich zu früh abgegangen bin. Den Ankleider hab ich dann weggestoßen und alles genommen was er noch in der Hand hatte und bin dann wieder zur Bühne gelaufen und hab’ noch versucht was anzuziehen. Dann stand ich halbnackt auf der Bühne und kam zwei Sätze zu spät. Meine Kollegin damals hatte das gar nicht gemerkt und sich gewundert, als ich plötzlich da stand und fast nichts anhatte.
Thorsten Köhler: Ich war auch einmal vier Minuten nicht da, was auf einer Bühne ewig ist. Der Inspizient ( jemand, der für einen reibungslosen Ablauf von Aufführungen verantwortlich ist) hatte versehentlich den falschen Kollegen einberufen. Wir haben Scherze getrieben bis mir einfiel, dass der Kollege erst nach mir auftrat. Ich bin zur Bühne gelaufen um zu gucken, was da passiert ist, bis ich erfahren hab’, dass ich gemeint war. Ich bin dann einfach in den Raum reingelaufen.
Gregor Trakis: Ich musste mal für eine Operette einspringen. Ich hatte vormittags eine kurze Probe. Ich musste mich da hinsetzen und zwei Sätze sagen und dann kam eine Statistin mit Schokolade und ich sollte mir was davon nehmen. Am Abend kam dann die Inspizientin und hatte eine Schale mit Schokolade. Die war aber nicht echt, sondern sie war aus Hartgummi. Ich hatte sie dann im Mund und fing an zu reden. Das war auch lustig.
Thorsten Köhler: Ich musste mal für eine Produktion Feuerspucken lernen und konnte das aber nicht so richtig. Zum Glück war das ein Freilufttheater und da ist das Bühnenbild abgebrannt. Die Technik hat versucht von hinten zu löschen und wir haben einfach weitergespielt. Es kam niemand der das unterbrochen hat und hinter mir brannte alles.
GersTime: Gibt es Momente, in denen Sie denken "Was mache ich hier eigentlich?"
Thorsten Köhler: Immer. Ich denke das ständig, wenn ich auf der Bühne stehe. Man erwischt sich auch dabei, wie man denkt, dass man das bei den Proben besser hinbekommen hat. Man beobachtet sich ständig.
Gregor Trakis: Es gibt auch Inszenierungen, wo man nicht mit glücklich ist und dann fragt man sich schon: “Was mache ich hier?”. Aber ich frage mich grundsätzlich immer danach wie es war oder ob es gut war oder man bespricht mit den Kollegen den Abend.
GersTime: Was muss ein Theaterstück haben, damit Sie mitspielen wollen?
Gregor Trakis: Es muss tolle Rollen und ein gutes Thema haben.
Thorsten Köhler: Ich habe in meinen ganzen zwanzig Jahren noch nicht in einer guten Komödie mitgespielt. Mit einer guten Komödie meine ich jetzt nicht, schlecht geschrieben, sondern da kommt ein Regisseur,der das irgendwie inszeniert und dann hofft man, dass man alles richtig macht und das Publikum schreit: “Wir können nicht mehr! Es ist so lustig was ihr da macht!” Ich glaube, das ist so ein Wunsch, dass man einmal in so einem Ding mitspielt, wo jeder Satz ein Treffer ist und hier alles gerade zündet. So einen richtigen Knaller hatte ich bisher noch nicht. Da hätte ich mal Lust mitzuspielen. Die Proben sind dann wahrscheinlich die Hölle. Ich hatte schon ganz viele Stücke, wo ich drin war und wo ich dann denke, das ich das nochmal machen will, aber richtig. Ich renne jetzt nicht rum und hebe meine Hand und sage: Nächste Spielzeit, Richard den III oder so ähnlich. So jemand bin ich jetzt nicht, das ist mir immer ziemlich egal. Aber ich glaube, es gibt ein paar Inszenierungen oder Stücke wo ich gerne nochmal einen Anlauf hätte oder ich inszeniere sie selber.
GersTime: Wenn Sie ein Theaterstück schreiben würden, was wäre die Handlung?
Thorsten Köhler: Ich habe schon Theaterstücke geschrieben.
Gregor Trakis: Ich würde niemals ein Theaterstück schreiben, weil ich das nicht kann.
Thorsten Köhler: Ich habe schon mehrere Stücke geschrieben. In meiner Karriere habe ich eine Zeit lang, eine Theaterserie geschrieben. Die eine hatte fünf Episoden, die andere drei, wovon nur zwei zur Aufführung kamen. Die dritte Episode liegt immer noch unveröffentlicht in meiner Schublade. Wenn ich anfange zu schreiben, ist das Ergebnis immer offen, ich könnte jetzt nicht sagen, ich schreibe was über Fracking oder den Klimawandel. Mir liegt es, wenn es ein bisschen trashiger ist und lustig bleibt oder böse. Das ist so meine Welt.
Die beiden bekamen noch eine kleine Aufgabe: Sie sollten Fragen in 3 Sekunden beantworten.
Gregor Trakis: Wenn ich in dreißig Sekunden nichts gesagt habe…
Thorsten Köhler: ...hab ich gewonnen!
GersTime: Beschreiben Sie ihren Kollegen in drei Wörtern.
Gregor Trakis: Charmant...lustig… (überlegt)
Thorsten Köhler: Lustig...seltsam… (überlegt)
Dann war leider die Zeit abgelaufen
GersTime: Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Gregor Trakis: Meine Frau… mein Handy und ein Buch.
Thorsten Köhler: Ich würde auch Bücher...meinen Hund und Sonnencreme mitnehmen.
GersTime: Was machen Sie an Ostern?
Gregor Trakis: Schlafen…Fernseh gucken… ausruhen
Thorsten Köhler: Schlafen… und ich muss dringend meine Wohnung aufräumen, weil meine Eltern zu Besuch kommen.
Gregor Trakis: Ich muss noch spielen am Ostermontag.
GersTime: Frage an Thorsten Köhler: Was macht mehr Spaß: Regie führen oder schauspielern?
Thorsten Köhler: Derzeit lieber Regie. Wirklich. Also ich hab’ Spaß am Schauspiel, aber wenn man in den Vorbereitungen ist und man selber entscheiden kann, finde ich, dass es mehr Spaß macht. Man hat mehr Freiheiten. Als Schauspieler hat man einen Regisseur, der sagt wie man etwas machen muss.
GersTime: Frage an Gregor Trakis: Wenn sie sich eine große Produktion aussuchen könnten, wo würden Sie gerne mitspielen?
Gregor Trakis: Ich habe mir schon lange “abgeschminkt“ zu sagen: Ich möchte die und die Rolle spielen. Die kriegt man sowieso nie. Also bei mir ist noch nie passiert. Ich wollte früher immer einen jugendlichen Liebhaber spielen. Das kann ich jetzt sowieso nicht mehr, aber auch früher habe ich die nie bekommen. Ich bekomme immer die Rollen, mit denen ich nicht gerechnet habe, zum Beispiel Robespierre, Onkel Wanja oder Nathan der Weise. Eigentlich möchte ich gerne Mephisto spielen. Ich habe schon einmal mitgespielt, war aber nie Mephisto.
Thorsten Köhler: Ich bin ja immer froh, wenn ich die kleinen Rollen kriege. Habe ich früher gar nicht gedacht. Ich musste mal in “Der Kirschgarten“ einen Nachbarn spielen. Der kam immer rüber und hat immer gesagt,die Tochter hätte Lotto gespielt und gewinnt jetzt bestimmt. Er kam aber auch um Geld bei seinen Nachbarn zu leihen. Dafür musste ich mal “Gloomy Monday“ singen und es auf der Gitarre spielen. Das hat total viel Spaß gemacht. Manchmal finde ich es schön, nur einen Auftritt zu haben und dann derjenige zu sein, der in der Kritik als erster erwähnt wird. Ich habe mich früh damit abgefunden, dass ich eine klassische “Charge“ bin. Je älter ich werde, desto größer die Rollen.
Vielen Dank für das Interview!!
Fotos: © Martin Kaufhold